Unternehmerische Verantwortung in der Lieferkette des Konsumgüterbereichs
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Pierre Strub
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Wie meistern Unternehmen die Herausforderung, ihre Lieferkette effizient und kostengünstig, gleichzeitig aber auch sozialverträglich und umweltgerecht zu bewirtschaften? Detailhandelsexperten aus den Bereichen Supply Chain Management, NGO und Beschaffung haben die Anliegen der Stakeholder anhand praxisorientierter Beispiele am 29. April in Pfäffikon (SZ) diskutiert und Lösungsansätze aufgezeigt.
Die hochgradige Spezialisierung, die dezentrale Produktion und Fertigung sowie die Auslagerung ins Ausland machen das Supply Chain Management zu einer der komplexesten Unternehmensaufgaben der heutigen Zeit. Dabei genügt es nicht mehr, die richtige Ware, zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereit zu stellen. Nebst Produktqualität und betriebswirtschaftlicher Aspekte müssen Unternehmen vermehrt berechtigte Ansprüche bezüglich sozial- und umweltverträglicher Produktions- und Fertigungsmethoden erfüllen. Es gilt Transparenz zu schaffen, woher die Rohstoffe stammen, wo die Produktion erfolgt ist und unter welchen Arbeitsbedingungen die entsprechenden Waren hergestellt wurden.
Lösungsansätze zu dieser anspruchsvollen Aufgabe wurden an der von der UN Global Compact Lernplattform für Schweizer Unternehmen und der BSCI-Kontaktgruppe Schweiz durchgeführten Dialogveranstaltung diskutiert und vorgestellt. Verschiedene Praxisbeispiele veranschaulichten, wie die Stakeholder-Forderungen nach Transparenz in der Beschaffungskette, nach stetiger Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf Stufe Produktionsstätte sowie bezüglich der aktiven Auseinandersetzung mit Problembereichen, der unabhängigen Verifizierung und der offenen Berichterstattung in Angriff genommen und sichergestellt werden können.
Erkenntnisse und Lösungsansätze
Einig waren sich die Teilnehmer darüber, dass die Sensibilisierung aller am Prozess beteiligten Instanzen und Personen der Schlüssel zum Erfolg sei. Die Bewusstseinsbildung muss dabei gleichermassen unternehmensintern beim Auftraggeber als auch auf Ebene der Produktionspartner erfolgen. Zudem darf sie nicht auf Managementstufe Halt machen.
Auch die betroffenen Mitarbeiter der Bereiche Warenbeschaffung und Supply Chain Management müssen eingehend geschult und instruiert werden. Verschiedene Schulungsplattformen und Systeme stehen dazu zur Verfügung. Der Einbezug lokaler Organisationen (NGO, Gewerkschaften, Regierungsstellen und Behörden) ist ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor. All diese Anstrengungen sollten das Bewusstsein dafür schärfen, dass heute eine umwelt- und sozialverträgliche Produktion ebenso selbstverständlich sein muss, wie es andere Produkteigenschaften (z.B. Qualität oder Sicherheit) schon lange sind.
Einheitliche, branchenübergreifende Standards
Die Richtlinien der International Labor Organization (ILO), die Grundsätze der internationalen Menschenrechtscharta und weitere universelle UN-Konventionen (Diskriminierung der Frau, Rechte der Kinder usw.), die zehn Prinzipien des UN Global Compact und die einschlägigen OECD-Richtlinien sind bereits in vielen Branchen inhärente Bestandteile der Liefer- und Produktionsverträge. Die erwähnten Dokumente umreissen oder definieren Mindestanforderungen, die von den Lieferanten zusätzlich zu den nationalen Gesetzen erfüllt werden müssen. Je nach Branche bestehen verschiedene Code of Conducts (Verhaltenskodizes), die im Wesentlichen alle auf diesen Richtlinien basieren. Die Herausforderung für Unternehmen besteht heute darin, die Codes untereinander vergleichbar zu machen und mit Hilfe von Benchmark-Systemen Transparenz zu schaffen bezüglich Wirkungskreis und Effektivität sowie Kooperationsmöglichkeiten und gegenseitiger Anerkennung der einzelnen Verhaltenskodizes. Eine solche Referenzplattform ist die Global Social Compliance Initiative (GSCP / CIES), die als Referenzplattform Auskunft über die Vergleichbarkeit und Äquivalenz der einzelnen Systeme gibt.
Gewährleistung am Beispiel BSCI
Die Business Social Compliance Initiative BSCI (www.bsci-eu.org) wurde im Jahre 2003 von verschiedenen europäischen Textildetailhändlern gegründet, um einen gemeinsamen Standard für die Überprüfung sozialer Anforderungen bei der Herstellung von Textilien zu entwickeln. Diese Anforderungen basieren auf den oben aufgeführten internationalen Konventionen bzw. Richtlinien und sind im BSCI-Code-of-Conduct definiert. Die Einhaltung des BSCI-Code-of-Conduct wird mit Hilfe von Lieferanten-Audits sichergestellt, die in den Produktionsstätten selbst durchgeführt werden. Erfüllt ein Lieferant die Anforderungen nicht, wird ein Corrective Action Plan erarbeitet, dessen Implementierung nach einer definierten Frist erneut überprüft wird.
Um die Erreichung der geforderten Mindestanforderungen zu beschleunigen, werden die Lieferanten von den BSCI-Mitgliedern mit Schulungen und Managementinstrumenten unterstützt. Die kontinuierliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den BSCI-Mitgliedern und ihren Lieferanten führt so zu einer stetigen Verbesserung der sozialen Arbeitsbedingungen in den Herstellungsländern. Da sich das BSCI-System in der Praxis bewährt hat, wird es nun laufend auf andere Beschaffungszweige ausgeweitet. So wurde im vergangenen Jahr das Basismodul für den Primärsektor verabschiedet, das die Produzenten landwirtschaftlicher Produkte und Lebensmittel umfasst. Dabei wird auf eine enge Zusammenarbeit mit bestehenden Standardisierungsorganisationen im Bereich Landwirtschaft Wert gelegt. So wurde mit GlobalGAP eine Kooperation zur gegenseitigen Annäherung der jeweiligen Social-Compliance-Systeme vereinbart. Ebenso wurden im Jahre 2008 Vereinbarungen über die Zusammenarbeit von BSCI mit dem internationalen Spielwarenhersteller-Verband (ICTI, International Council of Toy Industries) und die verstärke Kooperation mit der Nationalen Chinesischen Textil- und Bekleidungsherstellerverband (war früher eine Behörde) (CNTAC, Chinese National Textile and Apparel Council) unterzeichnet.
Fazit und Ausblick
Die verschiedenen Praktikerdiskussionen an der Dialogveranstaltung haben aufgezeigt, dass die anstehenden Herausforderungen erkannt sind, die zur Umsetzung notwendigen Instrumente weitgehend zur Verfügung stehen und dass die Unternehmen zunehmend Bereitschaft zeigen, ihren Anteil der Verantwortung zu übernehmen. Der Erfolg eines sozial- und umweltverträglich ausgerichteten Supply Chain Managements hängt in erster Linie vom gemeinsamen Bewusstsein von Auftraggebern und Produzenten ab, dass die Zukunft einer verantwortungsvoll bewirtschafteten und nachhaltigen Lieferkette gehört. Ebenso steht fest, dass keine schnellen Lösungen dieser komplexen Aufgaben realisierbar sind. Vielmehr ist der Erfolg in einer gemeinsamen, schrittweisen Weiterentwicklung des Supply Chain Managements auf Basis langjähriger Lieferantenbeziehungen zu suchen.
BSCI in der Schweiz
BSCI ist in der Schweiz seit der Gründung im Jahre 2003 vertreten, da einige Schweizer Detailhändler Gründungsmitglieder der in Brüssel domizilierten Business Social Compliance Initiative sind. Heute gehören dem BSCI 15 Schweizer Unternehmen aus den Bereichen Detailhandel, Textil- und Schuhhandel sowie Sportbekleidung und Wäsche an. Einige davon sind auch aktiv in den verschiedenen Fachgruppen des BSCI tätig und engagieren sich für die Weiterentwicklung des Systems. Die aktuellen BSCI-Mitglieder in der Schweiz sind: Calida, Charles Vögele, Continental Handels AG, COOP, Globus, HPH, IIC Intersport International, Migros-Genossenschafts-Bund, Multifort, Novi Footwear, PKZ, SBB, SCHILD, Strellson und die Trudel AG. Informationen zu BSCI finden sich auf www.bsci-eu.org.
UN Global Compact Lernplattform für Schweizer Unternehmen
Die UN Global Compact Lernplattform für Schweizer Unternehmen wurde vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten/Politische Abteilung IV (Menschliche Sicherheit) und The Sustainability Forum Zürich initiiert. Sie will den Austausch von relevantem Wissen und Erfahrungen zu den wichtigsten Konzepten von verantwortungsvoller Unternehmensführung in einem vertraulichen, praxisorientierten und gut moderierten Rahmen fördern. Informationen zur Lernplattform finden sich auf der Website www.sustainability-zurich.org/lernplattform.